Was gerade in Frankreich passiert

In Frankreich passiert etwas Unerwartetes, mitten im katholisch geprägten Frankreich wächst die Kirche.1 Seit zwei Jahren steigen die Taufzahlen deutlich, vor allem bei jungen Menschen. An Ostern 2025 wurden 10.384 Erwachsene und über 7.400 Jugendliche2 im Alter von 11 bis 17 Jahren getauft3, zusammen rund 17.800, ein Plus von 45 Prozent (!!) gegenüber 2024, und Erzbischof Olivier de Germay spricht von einem »Zeichen des Himmels«.4 Unter den Erwachsenen bilden die 18- bis 25-Jährigen mit 42 Prozent die größte Gruppe. Schon 2024 waren es 7.135 erwachsene Täuflinge an Ostern, ein Zuwachs von 31 Prozent gegenüber 2023, mit besonders starkem Wachstum genau in dieser Altersklasse. Im längeren Trend zeigt die Kurve nach oben, von 3.900 im Jahr 2015 über 7.135 (2024) bis 10.384 (2025) bei den Erwachsenen. Katholisch.de berichtet, dass 10.384 Erwachsene und über 7.400 Jugendliche, insgesamt etwa 17.800 Menschen, sich taufen ließen. Das ist eine Herausforderung für die traditionelle Kirche, die überfordert mit der neuen Situation scheint. Denn bislang hatte man sich auf sinkende Zahlen eingestellt. Nun stehen frische Christen vor der Tür und wollen integriert werden.

Was sind die Wachstumsfaktoren?

1. Die Jugendarbeit spielt eine entscheidende Rolle

Die katholische Jugendarbeit in Frankreich zeigt, wie tragfähig starke Gemeinschaften sein können, in denen Jugendliche Glauben, Gemeinschaft und klare Formen christlichen Lebens erleben, häufig der Startpunkt für eine Taufentscheidung. Besonders sichtbar wird das bei den Pfadfinderverbänden und Bewegungen sowie bei Reisen an Wallfahrtsorte, die zu echten Gesprächs- und Erfahrungsräumen des Glaubens geworden sind.5 Die Größenordnungen machen die Reichweite greifbar: Scouts et Guides de France verzeichnen 98.924 Mitglieder (2024) und sprechen selbst von rund 100.000; die Guides et Scouts d’Europe melden 36.400 Mitglieder mit Wachstum in den Jugendstufen.6 Verantwortliche betonen, dass es weniger um ein einzelnes neues Jugendprogramm geht, sondern um verstärkte Angebote, starke Bewegungen, Schulseelsorge und Peers, befeuert durch Online-Zeugnisse, die Schönheit der Liturgie und Zeiten beruhigender Stille, die viele als Auslöser nennen. Mit den steigenden Zahlen bauen die Diözesen konsequent katechetische Kleingruppen auf7, damit Jugendliche gemeinsam begleitet werden, was exakt der Peer-Logik von Jugendarbeit entspricht.

2. Erst der einfache und klare Einstieg, erst dann die Lehre

In Frankreich setzen die Bischöfe seit 2022 auf einen Weg, der mit dem sogenannten »Kerygma« beginnt.8 Kerygma heißt so viel wie »Verkündigung« oder »Kernbotschaft des Glaubens«. Gemeint ist eine einfache und klare Einladung zum Glauben, bei der Jesus im Mittelpunkt steht. Nicht viele Fachbegriffe, sondern verständliche Sprache. Zuerst geht es um das Herz des Evangeliums, dass Gott den Menschen liebt, dass Jesus für uns gestorben und auferstanden ist und dass er heute an unserer Seite ist. Danach folgt die Vertiefung mit der Einführung in das gelebte Glaubensleben der Gemeinde, also in Gebet, Bibel, Gemeinschaft, Gottesdienst und Nachfolge im Alltag. Man könnte sagen, zuerst öffnet sich die Tür weit und einladend, anschließend beginnt ein geordneter Weg, auf dem man Schritt für Schritt lernt und wächst. Aber Achtung für alle, die eine Verflachung des Glaubens fürchten: Es geht um eine verständliche und sinnvolle Konzentration der Kernbotschaft am Anfang, damit viele überhaupt einsteigen können. Die eigentliche Herausforderung liegt dann in der guten Begleitung und Vertiefung, damit der erste Funke nicht erlischt, sondern sich zu einem tragfähigen Glauben entwickeln kann.

3. Social Media als Auslöser und Begleiter des Glaubensweges9

In Frankreich spielt Social Media eine erstaunlich große Rolle auf dem Weg zum Glauben. Befragungen zeigten unter mehreren hundert Taufbewerbern, dass 78 Prozent angeben, soziale Netzwerke hätten ihnen geholfen, den Glauben zu entdecken oder zu vertiefen. Fast die Hälfte beschreibt diesen Einfluss sogar als sehr wichtig. Auffällig ist auch, dass 84 Prozent mindestens einem christlichen Influencer folgen, viele davon regelmäßig. Videos auf YouTube, Instagram oder TikTok werden gezielt genutzt, um den Glauben besser zu verstehen. Viele junge Menschen bilden sich sozusagen selbst weiter – bevor sie den Schritt in eine Gemeinde oder zur Taufe gehen. Aus der digitalen Erstbegegnung wird oft ein persönlicher Kontakt vor Ort, der in Gemeinschaft mündet. Man könnte sagen: Social Media entfacht die erste Flamme, aber die Gemeinschaft in der Kirche hält das Feuer am Brennen.

Was können deutsche Kirchen und Freikirchen daraus lernen?

Die Erfahrungen aus Frankreich zeigen, wie viel entstehen kann, wenn attraktive Jugendmilieus den Erstkontakt tragen. In diesen Milieus schaffen Kleingruppen Raum für Gemeinschaft, für ehrliche Fragen und für prägende geistliche Erlebnisse. Wo Jugendliche in verbindlichen Gruppen Verantwortung übernehmen, Glauben praktisch erleben und echte Gemeinschaft finden, wächst Kirche. Nicht allein, weil es ein attraktives Programm gibt, sondern vielmehr, weil der Glaube durch Weglassen von theologischer Überfrachtung die Kernaussagen wieder neu hervorstrahlen lässt.

1. Stärke feste Gruppenarbeit, statt nur Events zu veranstalten.

Denke langfristig in Teams, geistlichen Ausdrucksformen und Mentoring. Gründet Small-Groups mit direktem Anschlussweg in die Gemeinde hinein (etwa Alpha Youth, gruppenbasierte Konfi-Arbeit, Christliche Pfadfinder, Camps, Mentoring und klaren nächsten Schritten).

Coachingfragen

  • Welche Gruppenarbeit passt zu den Jugendlichen deiner Umgebung?
  • Für welches Format schlägt dein Herz, und würdest du es gerne angehen?

2. Junge Menschen finden leichter Zugang, wenn das Evangelium zuerst verständlich und persönlich ausgesprochen wird.

Sprecht niederschwellig, aber klar über euren Glauben. Ohne Jargon, warm und Jesus-zentriert. Setzt Themen, die Jugendliche wirklich bewegen. Gebt Zeugnisse und Glaubenserlebnisse weiter. Wo ist Gott real erlebt worden und wie können die Heranwachsenden ihn erleben? Kommuniziert den lebendigen Glauben, nicht nur Theologie. Bleibt klar und deutlich. Diese Generation sucht nach Orientierung. Wir dürfen nicht mit unserem Glauben hinter dem Berg halten aus falscher Angst, dass Glaube unattraktiv ist. Er ist gerade in unsicheren Zeiten ein fester Anker. Als zweiter Schritt folgt die Vertiefung in Glaubensgrundkursen, Bibelarbeit, Praxis und Gemeindeaufnahme, damit aus dem ersten »Ja« ein tragfähiger Weg wird.

Coachingfragen

  • Wie erlebt ein neuer Besucher oder Teilnehmer euren Glauben, so wie ihr ihn derzeit kommuniziert? Ist das verständlich und einladend?
  • Wie helft ihr Jugendlichen, aus einer ersten Berührung mit dem Glauben eine persönliche Nachfolge werden zu lassen?

3. Dockt eure Jugendlichen an christliche Influencer an

Empfiehlt ihnen gute Podcasts und Kanäle. Wenn sie schon scrollen, dann sollen sie doch lieber bei gutem Content landen. Online wird oft die erste Flamme entfacht, durch kurze Zeugnisse, ehrliche Geschichten und einfache Clips. Vor Ort bleibt das Feuer lebendig, wenn Gemeinschaft entsteht, Menschen sich begegnen, gemeinsam Glauben feiern und leben. Nimm diese Dynamik ernst, baue digitale Kanäle als geistliche Räume, verbinde Einladungen im Netz mit handfesten Schritten in Präsenz und ermutige dein Team, sichtbar zu werden. Zeigt euren Glauben mutig, ehrlich und einladend, und verknüpft jede digitale Berührung mit einem konkreten nächsten Schritt in die Gemeinschaft.

Coachingfragen

  • Wie stellt sich eure Onlinepräsenz dar? Seid ihr zufrieden damit?
  • Wer aus deinem Team hätte das Potenzial als christlicher Influencer aufzutreten und öffentlich über seinen Glauben zu sprechen?

Gemeinsam für die nächste Generation
Christian Holfeld von Church move

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Fußnoten

  1. Vgl. Le Monde: Dans une Église catholique en déclin, la forte augmentation surprise des baptêmes d’adultes en France, 10. Dezember 2024. ↩︎
  2. Vgl. Catholic News Agency: France sees record 10 384 adult baptisms in 2025, April 2025. ↩︎
  3. Vgl. Katholisch.de: Frankreichs Kirche verzeichnet neuen Rekord bei Erwachsenentaufen, April 2025. ↩︎
  4. Vgl. CathNews: France to see a record 17 800 catechumens baptised at Easter, 14. April 2025. ↩︎
  5. Vgl. Katholisch.de: Rekordhoch bei Taufen – was macht die Kirche in Frankreich anders?, 14. April 2024. ↩︎
  6. Vgl. Église Catholique en France: Les différents mouvements catholiques de scoutisme, 2024. ↩︎
  7. Vgl. Aleteia France: Vague de catéchumènes – l’Église redécouvre la puissance de la conversion, 9. April 2025. ↩︎
  8. Vgl. Vatikan: Catechumenate and Evangelization Guidelines, 25. Juni 2020. ↩︎
  9. Vgl. Corrigenda Online: Fastenzeit und Social Media – was steckt hinter dem Taufboom in Frankreich?, April 2025. ↩︎

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