Willkommen zum MRJ-Wochenbriefing. Jede Woche beleuchten wir drei Themen, die die Lebenswelt von Jugendlichen prägen. Heute sind die Artikel ziemlich lang geworden. Die Themen wühlen uns echt auf. Wir möchten sie mit euch teilen. Und schreibt uns gern eure Erfahrungen und Gedanken, indem ihr einfach auf diese Mail antwortet.
Song der Woche: Dead dance von Lady Gaga
Die 39-jährige Ausnahmekünstlerin hat es wieder einmal geschafft. Mit Dead Dance hat sich Lady Gaga an die Spitze der internationalen Charts gesungen … und getanzt. Musikalisch sehr einfach gehalten, aber von eingängigen Tanzmoves begleitet, laden die Lieder auf TikTok Teens (und ihre mutigen Eltern) tausendfach zu fröhlichen Nachahmertanzvideos ein. Das gruselige Musikvideo von Dead Dance hat leider so gar nichts mit Hesekiels Tal der Gebeine zu tun, welche wieder zum Leben erweckt werden. Trotzdem glaubt Lady Gaga in dem Lied an die Erweckung – allerdings durch Musik und Tanzen und singt: »Yeah, the music's gonna bring me back from death.«
Drei Gesprächsthemen
1. Mord und Totschlag
Worum es geht: Charlie Kirk ist Deutschland näher, als uns lieb ist. Auch im deutschsprachigen Raum erhalten viele Menschen aufgrund ihrer Gesinnung Morddrohungen. Zum Beispiel letzten Sonntag ein Pastor im Allgäu vor einer geplanten Jesus Party im Stadtzentrum. Oder ein Arzt in Österreich, der Abtreibungen durchführt. Oder vor drei Jahren die Bundeskanzlerin nach einem öffentlichen Auftritt. Gewalt gegen Politiker nimmt sowieso kontinuierlich zu.
Warum kein Ende in Sicht ist: Jugendliche machen sich grosse Sorgen um die Welt. Oft äußern sie ihr Unverständnis darüber, wie Leute so unmenschlich sein können, jemanden umzubringen. Oder einen Krieg anzuzetteln. Oder Tiere zu töten und zu essen. Oder so unmenschliche politische Ansichten zu haben. Oder so einem Glauben nachzufolgen. Dabei kursieren Sprüche wie »Ich sehe Menschen, aber ich sehe keine Menschlichkeit« auf Social Media (zitiert im Podcast In Zeiten wie diesen). Es sind aber immer die anderen, die sich unmenschlich verhalten. Dass man ihnen dabei das Menschsein abspricht und sich somit selbst zum Unmensch macht, fällt den Wenigsten auf.
Wie redest du mit Menschen, die eine ganz andere Weltsicht haben als du?
2. Worum geht es im »Jesus Glow Trend«?
Worum es geht: Der Hashtag #jesusglow auf TikTok zeigt viele junge Menschen, die sich erst als divers oder in einem ziemlich düsteren Goth Anime Style mit dem Ausspruch »The Jesus Glow isn’t real« zeigen und dann im nächsten Bild als weniger stark geschminkte Person mit bunteren, normaleren Klamotten. Für ihre Veränderung geben sie mit den Worten »Jesus Glow is real« Jesus die Ehre. Ebenfalls nutzen den Hashtag Personen, die ein Selfie von früher zeigen und danach eines von heute, in dem sie sich besser aussehend finden. Im Deutschen wird #jesusglow vor allem von weiblichen Influencerinnen genutzt, die sich im Clean Girl Look präsentieren und darüber reden, dass mit Jesus ihr Leben besser sei. Beispiele: Millane, Lisa, Jasmin.
Warum so viele darüber reden: Dass der Trend im deutschsprachigen Raum so viel (kritische) Aufmerksamkeit erhält, hat vielschichtige Gründe. Wir versuchen es mal aufzudröseln:
- Dass Menschen ihre Detransition dem neu gefundenen Glauben an Jesus zuschreiben; dass sexy Influencerinnen für eine old school Sexualität werben; dass sie oft mit politisch konservativen Meinungen daherkommen; dass sie dazu aufrufen, die Bibel zu lesen und als wahrheitsgebende Autorität anzuerkennen, stößt vielen Menschen – aus verschiedenen Gründen – sauer auf. Ausgerechnet die fröhlichsten, coolsten und tollsten Leute (und Kirchen) vertreten die ältesten Werte? Das darf doch nicht sein!?! Solche kontroversen Sachverhalte lohnen einen Bericht, z.B. von YouTuberin Marie Joan.
- Weibliche Influencerinnen schreiben Jesus einen bestimmten Glow zu, den sie selber mit Highlightern und Instagram-Filtern herstellen. Warum inszenieren sie sich so? Um Klicks zu erreichen und mehr Menschen mit ihrer Hoffnung anzustecken? Oder folgen sie einem Schönheitsideal und vermischen ihre Schminktipps mit dem Glauben? Andererseits muss ja nicht jeder Mensch gleich langweilig aussehen, nur weil ihm jetzt innere Werte wichtig geworden sind.
- Kommerzialisierung: Dass dieselben Influencerinnen zeitgleich Werbung für ihre eigenen frommen Produkte machen, nimmt ihnen Glaubwürdigkeit: Geht es um Glaube oder um Werbung?
- Statistik: Influencer, die ihren Glauben öffentlich bekennen, werden immer mehr und haben eine riesige Reichweite, und immer mehr junge Menschen fühlen sich dem Glauben hingezogen. Da es so viele betrifft, sind die öffentlich-rechtlichen Medien gezwungen, darüber zu berichten. So fragt denn auch Der Parabelreiter ironisch: »Muss ich jetzt ein guter Christ werden, um mich an unsere Zielgruppe anzupassen?«
- Kommerzialisierung zum zweiten: Der praktische Nebeneffekt für besagte Edutainment-Reportagen und alle ihre Nachahmer auf YouTube ist: Videos über »Jesus Glow« und christliche Influencer bringen locker mal doppelt so viele Klicks und Reichweite wie andere Videos. Vom Jesus Glow profitieren also alle, Kritiker wie Fans.
Warum es relevant ist: Ist es es wert, über den Jesus Glow Trend Bescheid zu wissen? Ja, weil Jugendliche, sollten sie sich vor ihren Freunden zu ihrem Glauben bekennen, möglicherweise mit Jesus-Glow-Spott bedeckt werden, welcher unter anderem von ZDF und ARD durch ihr Gen Z-Programm #funk gestreut wurde.
Wir denken, es ist grundsätzlich Quatsch, irgendein Foto oder Video zu inszenieren oder zu analysieren, wenn es um etwas geht, das in erster Linie unsichtbar ist. Aber die Kontroverse um den Trend hat uns nochmals gezeigt, wie viele Leute auf Social Media freimütig von ihrem Glauben berichten und wie groß ihre Reichweite mittlerweile ist.

