Man erkennt Pfadfinder ziemlich leicht an ihrem einheitlichen Hemd, der Kluft, und dem bunten Halstuch. Doch was machen Pfadfinder eigentlich anders als andere christliche Gruppen, zum Beispiel Jungscharen? Immerhin ist das Pfadfinderkonzept seit über 100 Jahren weltweit äußerst erfolgreich und zieht aktuell in Deutschland viele Heranwachsende in seinen Bann.

Dieser Artikel möchte kurz erläutern, was der Kern von Pfadfinderarbeit eigentlich ist. Ganz kurz gesagt machen christliche Pfadfinder Folgendes:

Sie erleben draußen Abenteuer, sind dabei in Gruppen mit Gleichaltrigen unterwegs und leben Pfadfinderwerte und ihren Glauben. Dabei übernehmen sie Verantwortung für sich selbst, für andere und für die Umwelt.

Ein zentrales Element der Pfadfinderarbeit sind die Pfadfindergesetze und das Pfadfinderversprechen.

Die Pfadfindergesetze sind eine Sammlung von Werten und Verhaltensweisen, die das Zusammenleben in der Gemeinschaft und das Verhalten in der Welt leiten. Sie beinhalten Prinzipien wie Ehrlichkeit, Hilfsbereitschaft, Respekt vor der Natur und Toleranz gegenüber anderen. Ein Beispiel lautet: »Ein Pfadfinder ist hilfsbereit«.

Das Pfadfinderversprechen ist ein persönliches Bekenntnis jedes Pfadfinders, nach diesen Gesetzen zu leben. Es ist ein feierlicher Moment, in dem der Pfadfinder sich verpflichtet, sein Bestes zu geben, um die Pfadfinderideale zu verwirklichen und seinen Glauben aktiv zu leben.

Die Pfadfinderarbeit ist in Altersstufen organisiert

Die Einteilung in Gruppen von Gleichaltrigen hilft dabei den Entwicklungsstand und die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen besser zu berücksichtigen. Typischerweise gibt es folgende Stufen:

  • Wölflinge (ca. 6-9Jahre): Sie entdecken spielerisch die Welt um sich herum und lernen grundlegende soziale Kompetenzen.
  • Jungpfadfinder (ca. 9-12 Jahre): Sie erleben Abenteuer und erlernen grundlegende Pfadfindertechniken.
  • Pfadfinder (ca. 13-16 Jahre): Sie übernehmen mehr Verantwortung, indem sie bei Jüngeren mithelfen, vertiefen ihre Fähigkeiten und planen eigene Projekte.
  • Rover (ca. 16-20 Jahre): Sie handeln eigenständig, leiten jüngere Gruppen und engagieren sich sozial.

Durch diese Stufen wird eine kontinuierliche persönliche Entwicklung gefördert, die auf die individuellen Bedürfnisse der jeweiligen Altersgruppe eingeht.

Dies sind die typischen Dinge, die Pfadfinder tun:

Zelten in Kohten und Jurten

Pfadfinder in Deutschland zelten in traditionellen schwarzen Zelten, den Kohten (sic) und Jurten, die mit Rauchabzug ausgestattet sind und es ermöglichen, Feuer im Zelt zu entfachen. Diese Zelte bieten nicht nur Schutz, sondern schaffen auch eine besondere Atmosphäre und Gemeinschaft. Das gemeinsame Auf- und Abbauen fördert Teamarbeit und handwerkliche Fähigkeiten.

Pionierarbeit mit Holz und Seil

Mithilfe von Seilen und Holz bauen Pfadfinder großartige Lagerbauten, wie Kochtische, Lagertürme oder anspruchsvolle Sitzgelegenheiten. Diese Pionierarbeiten fördern handwerkliches Geschick, Kreativität und das Verständnis für physikalische Prinzipien. Es ist beeindruckend zu sehen, welche Konstruktionen allein mit einfachen Materialien entstehen können.

Kochen im Freien

Köstliches Essen selbst im Freien zuzubereiten, ist ein besonderes Erlebnis. Pfadfinder lernen, wie man über dem offenen Feuer oder auf einfachen Kochstellen Mahlzeiten zubereitet. Dabei werden nicht nur Kochkünste entwickelt, sondern auch der Wert gemeinsamer Mahlzeiten erlebt. Das Planen der Verpflegung lehrt zudem Verantwortungsbewusstsein und Organisation.

Erste-Hilfe-Kenntnisse erlernen und anwenden

Pfadfinder erlernen schon früh Erste-Hilfe-Kenntnisse, um bei Verletzungen sich selbst und anderen direkt behilflich sein zu können. Die Kleinsten können schon Hilfe holen, ein Pflaster anlegen oder einen Verletzten mit Rettungsdecke warm halten. Dies fördert Verantwortungsbewusstsein und die Fähigkeit, in Notsituationen ruhig und effektiv zu handeln. Regelmäßige Übungen und Schulungen bereiten sie auf verschiedene Szenarien vor.

Das Leben in und mit der Natur

Das Verständnis von Pflanzen und Tieren sowie die Möglichkeit, sich sicher in der Natur zurechtzufinden, sind zentrale Aspekte. Dazu zählt auch die Erhaltung der Natur und der nachhaltige Umgang mit Ressourcen. Pfadfinder entwickeln eine enge Verbindung zur Umwelt und lernen, sie zu schätzen und zu schützen. Umweltaktionen und Projekte zum Naturschutz sind feste Bestandteile des Programms.

Orientierung mit Karte und Kompass

Die Fähigkeit, sich mithilfe von Karten, Kompass und natürlichen Orientierungshilfen zurechtzufinden, ist ein wichtiges Element der Pfadfinderausbildung. Es stärkt das Selbstvertrauen und die Unabhängigkeit der Jugendlichen. Orientierungsläufe und Schatzsuchen machen das Lernen von Orientierungs-Skills spannend und praxisnah.

Gemeinschaft am Lagerfeuer

Das Entzünden von Lagerfeuern aus Naturmaterialien ist nicht nur praktisch zum Aufwärmen und Kochen, sondern auch ein wichtiger Akt, der Gemeinschaft und Verbundenheit stärkt. Um das Feuer werden Geschichten erzählt, Lieder gesungen, Tschai getrunken und Erfahrungen geteilt. Es ist ein Ort der Reflexion und des Austauschs.

Aber Pfadfinder definieren sich aber nicht nur über ihr Tun. Das ist zwar das Offensichtlichste. Viel wichtiger ist Pfadfindern aber das Miteinander, ein guter Charakter und allgemein das Miteinander leben.

Gemeinschaft und Verantwortung

Pfadfinder leben in kleinen Gruppen, den sogenannten Sippen, Trupps oder Meuten, in denen sie gemeinsam planen, entscheiden und handeln. Diese Kleingruppenarbeit fördert soziale Kompetenzen, Verantwortungsbewusstsein und Teamfähigkeit. Jeder Einzelne trägt zum Erfolg der Gruppe bei und übernimmt Aufgaben und Rollen. Konflikte werden gemeinsam gelöst, und es wird gelernt, aufeinander Rücksicht zu nehmen.

Dienst am Nächsten

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Dienst am nächsten Pfadfinder engagieren sich in sozialen Projekten, helfen in der Gemeinde und unterstützen Menschen in Not. Ob durch Sammelaktionen, Besuche in Altenheimen oder Umweltprojekte – durch dieses Engagement lernen sie Empathie und setzen sich aktiv für eine bessere Welt ein. Das Motto »Jeden Tag eine gute Tat« ist dabei wegweisend.

Vernetzung

Pfadfinderei ist eine weltweite Bewegung. Sie treffen sich auf nationalen und internationalen Lagern und knüpfen Kontakte zu Gleichaltrigen aus anderen Gemeinden, Städten, Ländern und Kulturen. Diese internationalen Begegnungen fördern interkulturelles Verständnis und Freundschaften über Grenzen hinweg. Das Wissen, Teil einer globalen Gemeinschaft zu sein, erweitert den Horizont und fördert Toleranz.

Der Glaube in der Pfadfinderarbeit

Bei christlichen Pfadfindern spielt der Glaube eine zentrale Rolle. Sie integrieren religiöse Elemente in ihre Arbeit, sei es durch Andachten, Gebete oder die Auseinandersetzung mit ethischen Fragen. Der Glaube bietet einen Wertehintergrund und Orientierung im täglichen Leben. Geistliche Erlebnisse stärken die persönliche Glaubensentwicklung sowie die Verantwortung für den Nächsten.

Pfadfinderpädagogik

Die Pfadfindermethode ist ein umfassender pädagogischer Ansatz, der verschiedene Elemente kombiniert, um die ganzheitliche Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu fördern. Sie bietet ein einzigartiges Lernumfeld, das auf praktischen Erfahrungen, Gemeinschaft und persönlichem Wachstum basiert.

Die Rolle der Leiter

Bei den Pfadfindern übernehmen die älteren Teilnehmer gleich auch Verantwortung für die jüngeren und helfen ihnen zurechtzukommen. In vielen Pfadfinderbünden starten die Ausbildungen zum Mitarbeiter bereits ab etwa 14 Jahren. Viele Mitarbeiter sind selbst nur ein paar Jahre älter und bringen sich früh mit ein. Erwachsene und erfahrene Leiter begleiten die Pfadfinder als Mentoren und Vorbilder. Sie unterstützen die Jugendlichen in ihrer Entwicklung, ohne ihnen alles vorzugeben. Durch diese Unterstützung können die Pfadfinder eigenständig Erfahrungen sammeln und aus Fehlern lernen. Die Leiter fördern Selbstständigkeit und stehen beratend als Mentoren zur Seite, was die persönliche Entwicklung stärkt.

Fazit

Ein Pfadfinderengagement hat Auswirkungen auf das spätere Leben: Viele ehemalige Pfadfinder berichten, dass die Erfahrungen und Werte aus der Pfadfinderzeit sie nachhaltig geprägt haben. Fähigkeiten wie Teamarbeit, Führung, Problemlösung und soziale Verantwortung sind auch im Erwachsenenleben von großer Bedeutung. Die erlernten Kompetenzen helfen in Beruf, Familie und Gesellschaft.

Alles in allem machen Pfadfinder viel mehr als nur im Wald zu zelten und Knoten zu binden. Sie erleben Abenteuer, lernen wichtige Fähigkeiten fürs Leben, engagieren sich für andere und wachsen persönlich. Die Verbindung von Gemeinschaft, Glauben, Naturerlebnis und Verantwortungsbewusstsein macht die Pfadfinderei zu einem einzigartigen Konzept, das seit über einem Jahrhundert junge Menschen begeistert und prägt.

Durch die Pfadfinderarbeit werden Kinder und Jugendliche zu selbstbewussten, verantwortungsvollen und engagierten Persönlichkeiten. Sie lernen, sich selbst und andere zu respektieren, die Natur zu schätzen und aktiv an der Gestaltung einer besseren Welt mitzuwirken.

Dies ist ein Artikel von Christian Holfeld. Er ist Organisationsentwickler und Theologe sowie leidenschaftlicher Pfadfinder seit 1982.

Hast du Rückfragen, Anmerkungen zu dem Thema oder einen Wunsch für die Pfadfinder-Themenreihe? Dann schreibe mich direkt an: christian(at)churchmove.de   

 

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