Willkommen zum MRJ-Wochenbriefing. Jede Woche beleuchten wir drei Themen, die die Lebenswelt von Jugendlichen prägen. Aber zuerst:

Ist Alex Warren’s Lied Ordinary seit 38 Wochen unter den Top Ten der Deutschen Charts, weil die Melodie so radiotauglich ist? Oder bringt er eine besondere Sehnsuchtsnote bei den Hörern zum Klingen, vor allem bei jenen, die den Text verstehen? Ordinary ist eine hemmungslose Ode an seine Frau Kouvr Annon, die ihn unterstützt hat, als er noch obdachlos in seinem Auto wohnte und niemand ihn kannte. Die Lyrics lesen sich wie eine Neuauflage des Hohelied der Liebe und das Wort »anhimmeln« ist noch zu schwach, um die Poesie von Alex an seine Frau zu beschreiben. Worship trifft es fast besser:
Somethin' so heavenly, higher than ecstasy
Whenever you're next to me, oh my, my
World was in black and white until I saw your light
Drei Gesprächsthemen
1. Cannabis Nebenwirkung immer häufiger
Worum es geht: Stell dir vor, du müsstest 40 Mal hintereinander erbrechen und hättest dabei quälende Bauchschmerzen. Erst eine Frage nach deinem Cannabiskonsum bringt Klarheit: du leidest an dem sogenannten Cannabinoid-Hyperemesis-Syndrom (CHS).
Warum das besorgniserregend ist: Immer stärkere Produkte und täglicher Gebrauch führen jährlich bei Hunderttausenden Cannabiskonsumenten in Deutschland zu Notaufnahmen mit Symptomen, die Ärzte erst langsam verstehen. Das Deutsche Ärzteblatt rechnet mit einer großen Zunahme der Fälle, weil Cannabis nun legal ist. Forscherin Lisa Damour warnt hierbei besonders vor sogenannten Edibles, wie Cannabis-Gummibärchen. Sie schreibt: »Gerade im Hinblick auf essbares Cannabis zeigt eine Studie: Je länger Marihuana in einer Region legal ist – und je mehr Verkaufsstellen es gibt –, desto wahrscheinlicher ist es, dass Jugendliche Edibles ausprobieren.«
Aber wie kommt ein Jugendlicher zum Cannabiskonsum? Das Ausprobieren hat mit Neugierde, Mutproben und Rebellion zu tun. Doch der regelmäßige Konsum hängt mit der Suche nach Trost zusammen. Diese Mittel versprechen nicht nur Stressabbau, sondern auch die Verbindung mit den jointrauchenden Peers, denen es genauso geht wie einem selbst. Hinter dem Anstieg von Substanzkonsum steckt also oft alte existenzielle Bedürfnis der Jugendlichen: gesehen, verstanden, angenommen zu werden.
Diese Nebenwirkungen gibt es: Orientierungslosigkeit, verlangsamte Reaktion, Kurzzeit-Gedächtnisprobleme, Angstgefühle, Panikattacken, Wahrnehmungsstörungen, Schwindel, Herzrasen, trockener Mund, Übelkeit, Trägheit
Langfristige Wirkungen und Schäden: Konzentrationsstörungen, psychische Erkrankungen, Entzugserscheinungen, Lungenschäden, CHS
2. Verblödung als Pornoziel
Worum es geht: Ein äußerst düsterer Artikel im Harper’s Magazine beleuchtet eine pornografie-besessene Subkultur von zehntausenden Menschen, die sich selbst »Gooners« nennt. Nur wenige waren laut einer Umfrage des Autors älter als zwölf, als sie mit Pornoschauen anfingen. Wer sich erinnert: »Goonen« hat nur knapp den ersten Platz als deutsches Jugendwort des Jahres 2025 verpasst. »Gooning«, zu gut deutsch »Verblöden«, bezeichnet eine Form der lang andauernden Selbstbefriedigung, durch die man einen tranceähnlichen Zustand erreichen möchte.
