In den letzten Jahren erleben wir eine Pandemie von Depressionen, Angst und Verzweiflung bei Kindern und Jugendlichen.

DAK Kinder & Jugendreport von 2022

2021 vs. 2020

  • 42% mehr Kinder- & Jugendliche aufgrund einer emotionalen Störung im Krankenhaus
  • 3-fache Zunahme von Suizidversuchen bei 12-17 Jährigen
  • bei 15-17 Jährigen: mehr emotionale Störungen
  • bei 10-14 Jährigen: mehr depressive Episoden und Angststörungen
  • bei 5-9 Jährigen: mehr Störungen sozialer Funktionen und Entwicklungsstörungen

Aber, so wie es im Ratgeber nicht primär um die schlechten Nachrichten geht, so geht es auch in dieser Zusammenfassung nicht darum, die schlechten Nachrichten hervorzuheben. Deshalb, lass dich auf eine Reise der Hoffnung und vielen praktischen Lösungen mitnehmen, Kindern und Jugendlichen Heilung zu bringen.

Von dem Gefühl, nicht gesehen zu werden

Wenn ein Kind hoffnungslos ist und in negativen Gedanken versackt, neigen wir dazu, zu denken, dass wir es nur genug pushen, herausfordern oder motivieren müssen, um da herauszukommen. Alles, was das Kind will, ist, in seinen Gefühlen verstanden zu werden

Doch... Wir sehen nicht, was es fühlt...
Dadurch... Fühlt es sich nicht gesehen.

Die größte Waffe gegen Verzweiflung & Depression bist DU!

In einem gesunden Gehirn findet stets ein reger Austausch zwischen den beiden Hemisphären statt. Gott hat unser Gehirn so erschaffen, dass wir die Fähigkeit besitzen, vielfältige Gefühle zu empfinden und sie zugleich logisch zu analysieren. Wenn wir jedoch nicht mehr in der Lage sind, diesen logischen Prozess mit unseren Emotionen zu verbinden, überkommt uns Verzweiflung.

Verzweiflung (despair) ist ein Zustand, in dem man sich so hoffnungslos und verzweifelt fühlt, dass man von den eigenen Gefühlen abgeschnitten ist.

Wenn wir Stress erleben, wird Cortisol (ein Stresshormon) ausgeschüttet, das das Gehirn flutet. Eine konstante Ausschüttung von Cortisol hat zur Folge, dass die Verbindung zwischen den beiden Gehirnhälften gestört wird.

Wenn die zwei Gehirnhälften nicht mehr miteinander verbunden sind, können wir die konstante Flut von emotionalen Signalen nicht mehr verarbeiten.

Das erklärt, dass Menschen, die Verzweiflung erleben, sich oft taub oder gefühllos empfinden und keine Verbindung mehr zu ihren eigenen Emotionen herstellen können. Sie sind häufig nicht in der Lage, ihre Gefühle klar zu benennen oder mit logischen Worten auszudrücken

Menschen, die sich selbst verletzten, versuchen einerseits, sich von ihrem emotionalen Schmerz abzulenken. Andererseits suchen sie auch nach einem Weg, um aus ihrer Gefühlstaubheit aufzuwachen und herauszufinden, ob sie überhaupt noch etwas empfinden können. Menschen, die sich selbst verletzen, versuchen letztendlich verzweifelt die Verbindung zwischen ihren beiden Gehirnhälften wieder herzustellen. Die Funktion der Gefühllosigkeit hilft uns kurzfristig, mit Extremsituationen umzugehen.

Wenn wir Liebe und Empathie erfahren, wird unser Gehirn mit Oxytocin geflutet, einem Hormon, das für gesunde Bindungen verantwortlich ist. Dadurch werden unsere beiden Gehirnhälften wieder vereint und Verzweiflung sowie Stress nehmen ab. Foto unsplash+

Studien zeigen, dass unser Gehirn selbst im Zustand der Verzweiflung auf Liebe und Empathie reagiert.

Wie du auf jemanden reagierst, der emotional taub ist, kann letztendlich dazu beitragen, seine Gefühle wieder zum Leben zu erwecken. Wenn wir Liebe und Empathie erfahren, wird unser Gehirn mit Oxytocin geflutet, einem Hormon, das für gesunde Bindungen verantwortlich ist. Dadurch werden unsere beiden Gehirnhälften wieder vereint und Verzweiflung sowie Stress nehmen ab. Durch diese Wiederherstellung der Verbindung kann der emotionale Prozess wieder in einen logischen Prozess übergehen.

Wenn ein Kind Verzweiflung erlebt, fühlt es sich oft nicht gesehen. Es fühlt sich alleine und hat das Gefühl, von niemanden verstanden zu werden. Die Wahrnehmung des Kindes ist: ich bin die einzige Person die so fühlt. Wenn wir eine Beziehung zu diesem Kind aufbauen, geschieht etwas Wichtiges. Wir können ihm das Gefühl geben, dass es wirklich gesehen wird.

Gott benutzt oft Menschen, um Menschen zu heilen.

Fünf Tools

1. Sei da

  • Sei da, bevor du gefragt wirst
    Nur weil ein Kind nicht zeigt, dass es dich braucht, heißt das nicht, dass es dich nicht braucht. Umso älter und unabhängiger Kinder werden, umso weniger fragen sie danach.
  • Sei da für das, was dem anderen wichtig ist
    Versuche herauszufinden, was ihnen wichtig ist und sei dabei.
  • Sei da, wenn es umbequem ist
    Präsent zu sein heißt, verfügbar zu sein, selbst wenn es unangenehm ist und dich was erhebliches kostet. (z.B. Wenn man selbst gerade eigentlich etwas anderes vor hat.)
  • Sei regelmäßig da
    Routinen mit regelmäßigen gemeinsamen Momenten schaffen.
  • Sei mit voller Aufmerksamkeit da
    Kinder wollen nicht, dass wir sie nur wahrnehmen, sie brauchen unsere volle Aufmerksamkeit. Sie brauchen das Gefühl, dass wir sie sehen. Sie brauchen es, dass wir sie anschauen.
  • Sei da, wenn der andere verletzt ist
    Jesus hat geweint, bevor er Lazarus von den Toten auferweckt hat. Wir springen gerne zu dem Wunder vor. Jesus wusste, dass er gleich das Wunder tun wird, aber trotzdem drückte er für einen Moment auf Pause und begegnete den Menschen in ihren Gefühlen.
Präsent zu sein ist 50% der Arbeit.

Vielleicht wissen manchmal nicht, was wir sagen sollen, aber es reicht, wenn wir einfach nur da sind.

Vielleicht wissen manchmal nicht, was wir sagen sollen, aber es reicht, wenn wir einfach nur da sind. Foto Kindel Media

2. Sieh den anderen
Kinder, die sich negativ verhalten, fühlen sich nicht gesehen und nicht verbunden. Sie versuchen mit ihrem Verhalten ihre Sehnsucht nach Beziehung auszudrücken.

In einem Moment der Verzweiflung interessiert es uns nicht, ob unsere Gefühle logisch sind. Für uns zählt in solchen Menschen nur, dass wir verletzt, traurig, enttäuscht sind. Die einzige Frage, die wir im Moment der Verzweiflung haben ist: »Siehst du mich?«

  • Sieh hinter das Verhalten
    Frage dich: »Weiß ich, wo der andere gerade herkommt?«
    Stelle Fragen, um den Kontext zu verstehen.
  • Sieh, was der andere fühlt
    Wenn wir sofort zum Logischen springen, ohne die Gefühle zu beachten, fühlt der anderer sich nicht verstanden.

Wir müssen Logik mit Logik begegnen & Emotionen mit Emotionen. Wenn ein Kind mit Emotionen kommt, muss ich ihm dort begegnen, sonst verpasse ich es total.

Stell dir vor, du würdest tief Luft holen und nicht fähig dazu sein, sie auszuatmen.

Gefühle zu verarbeiten ist, wie emotional auszuatmen.

Alleine Gefühle laut auszusprechen hilft, den Druck rauszulassen. Kinder müssen die Fähigkeit, emotional auszuatmen erst entwickeln. Wir können ihnen helfen, ihre Gefühle in Worte zu fassen, indem wir z.B. sagen: »Fühlst du dich alleine/ verletzt/ wütend/...?« Wenn wir ihnen helfen, ihre Gefühle auszuatmen, fühlen sie sich gesehen.

3. Hör einfach zu
In einem Moment Verzweiflung fällt es einem Kind schwer, seine Gefühle in Worten zu fassen. Es benötigt dafür Zeit und das Gefühl der Sicherheit. Vielleicht äußert es seine Gefühle nicht nett oder überlegt. Es ist entscheidend, dass wir nicht gestresst reagieren.

  • Sei eine sichere Person
    kommuniziere Sicherheit sowohl mit deinen Worten als auch mit deiner Körpersprache
  • Sprich wenig
    Es geht nicht darum, das Richtige zu sagen oder zu lehren. Unsere Anwesenheit ist wichtiger als unsere Worte. Wir alle haben das Gefühl, dass wir viel Weisheit und Erfahrung teilen können, aber jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Stattdessen können wir sagen: »Erzähl mir mehr.«
  • Achte auf deinen Ton
  • Halte Blickkontakt
    Blickkontakt schafft eine gesunde und sichere Bindung. (Es ist eine der wichtigsten Arten, wie eine Mutter Verbindung zu ihrem Baby aufbaut.)
  • Baue durch Berührung Verbindung auf
  • Spiegle wieder, was der andere sagt
  • Vermeide Klischees
    Klischees führen dazu, dass der andere sich gar nicht gesehen und verstanden fühlt.
Unsere Anwesenheit ist wichtiger als unsere Worte. Wir alle haben das Gefühl, dass wir viel Weisheit und Erfahrung teilen können, aber jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Stattdessen können wir sagen: »Erzähl mir mehr.« Foto Valentina Dominguez

4. Sprich Leben

  • Ermutige kontinuierlich
    Unser Gehirn verarbeitet positive und negative Worte nicht gleich. Es nimmt negative Worte als Bedrohung wahr und reagiert entsprechend stärker darauf. Negative Worte prägen sich schneller ein und bleiben länger haften. Studien zeigen: Es braucht mindestens drei positive Worte für ein negatives – am besten aber fünf.
  • Entfache Sinn & Leidenschaft
    Sprich positive Worte über den Charakter, nicht über die Performance. (Über das, was der andere ist, nicht das, was er tut). So hilfst du dem anderen, neue Glaubenssätze zu schaffen. Irgendwann wird er in der Lage sein, diese Sätze zu sich selbst zu sagen. Studien zeigen: Wörter wie »Liebe« & »Frieden« aktivieren stressreduzierende Gene. Was wir sagen, macht tatsächlich einen Unterschied.

5. Stärke Widerstandsfähigkeit

Widerstandsfähigkeit ist Leidenschaft und Beharrlichkeit die auf ein langfristiges Ziel gerichtet sind. – Angela Duckworth, Psychologin

Dabei ist nicht entscheidend, ob man dafür belohnt oder dabei von jemandem wahrgenommen wird.

Wir müssen Kindern helfen zu verstehen, dass Herausforderungen ein natürlicher Bestandteil des Lebens sind. Für sie ist wichtig zu lernen, dass nicht alles in unserer Kontrolle liegt, wir aber in der Hand haben, wie wir auf unsere Umstände reagieren.

Widerstandsfähigkeit hängt mit der Fähigkeit zusammen, negative Situationen positiv einordnen zu können. Wir fokussieren uns dabei auf das, was wir haben, anstatt auf das, was uns fehlt. Wir wenden den Blick von dem, was wir verloren haben, hin zu den Möglichkeiten, die uns jetzt offenstehen.

Wir müssen Kindern helfen zu verstehen, dass Herausforderungen ein natürlicher Bestandteil des Lebens sind. Für sie ist wichtig zu lernen, dass nicht alles in unserer Kontrolle liegt, wir aber in der Hand haben, wie wir auf unsere Umstände reagieren. Foto Julia M Cameron

Unsere Aufgabe ist, die Gefühle des Kindes wahrzunehmen und dann einen Schritt zurückzutreten, um ihm das größere Bild mit einem ausgeglicheneren Denken zu vermitteln.

  • Hebe aktuelle Stärken & vergangene Siege hervor
  • Fördere ein Wachstums-Mindset
    Wir müssen den Kindern helfen, Fehler und Misserfolge nicht als etwas zu sehen, was wir versuchen müssen, zu vermeiden, sondern als etwas, das uns helfen kann, zu wachsen.
  • Sprich über die Kletter-Phase
    In unserer Gesellschaft vermitteln wir viele negative Botschaften darüber, was Erfolg bedeutet und was wir über die denken, die Erfolg verpasst haben. Dadurch entsteht Leistungsdruck. Wir müssen den Kindern auch von den Phasen erzählen, die vor dem Erfolg kommen.
  • Halte Unterstützung & Herausforderung im Gleichgewicht

Du musst die Tools nicht perfekt anwenden, damit sie funktionieren. Jede intentionale Entscheidung, die du triffst, macht einen Unterschied.

Gott verurteilt uns nicht für das, was wir nicht getan haben, sondern er gebraucht das, was wir tun.
Seen: Despair and Anxiety in Kids and Teenagers and the Power of Connection (English Edition) eBook : Hutcherson, Will, Williams, Chinwé: Amazon.de: Kindle-Shop
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