Du hast vielleicht schon mitbekommen, dass es einen neuen Spiderman-Film gibt. Möglicherweise hast du ihn schon gesehen, denn er bricht immer noch die Rekorde an den Kinokassen, nachdem er das zweitgrößte Eröffnungswochenende aller Zeiten hatte. Die Kinos haben fast zwei Jahre lang mit einer Pandemie zu kämpfen gehabt, aber der freundliche Spidey von Nebenan hat sie offenbar mit einem selbstverständlichen, netzschwingenden Erfolg vom Abgrund zurückgebracht. Lass deinen Superhelden-Zynismus und die Debatten darüber, ob Marvel-Filme echtes »Kino« sind, für kurze Zeit beiseite. Nach monatelangem Elend haben wir zu Weihnachten einen mutigen, lustigen und emotionalen Superheldenhit geschenkt bekommen, über den selbst die griesgrämigen unter uns nur schwerlich nicht lächeln können.

Wenn du ihn noch nicht gesehen hast, findest du hier ein paar Gründe, warum du ihn sehen solltest. Wenn du ihn schon gesehen hast, findest du hier ein paar Gedanken dazu, warum er so gut funktioniert. Es gibt einen lustigen Moment in »No Way Home«, der nur für Jugendmitarbeiter:innen gedacht ist, und da der Film gerade herausgekommen ist, warum nicht einen Jugendgruppenausflug daraus machen? Der Rest dieses Blogs wird sich bemühen, weitgehend spoilerfrei zu sein. Aber wenn du ihn noch nicht gesehen hast und Spoiler in den sozialen Medien meidest, solltest du vielleicht aufhören, das hier zu lesen und dich auf den Weg zu einer großen Leinwand machen … ich habe dich gewarnt!

Eine zweite Chance für jeden

Zweite Chancen sind das durchgängige Thema von No Way Home.

Wenn Menschen Fehler machen, den falschen Weg wählen, bekommen sie dann eine zweite Chance oder ist ihr Schicksal schon besiegelt?

Am deutlichsten wird dies in der Beziehung zwischen Peter Parker (Tom Holland) und seinen zahlreichen Gegenspielern. Schurken aus früheren Spidey-Filmen (Fan-Lieblinge wie Willem Dafoes grüner Kobold und Alfred Molinas Doc Ock sind noch einmal dabei) finden sich wegen eines multiversalen Missgeschicks seitens Peter, in Hollands Universum wieder. Wenn Peter sie in ihre Universen zurückschicken kann, sind sie dazu bestimmt, sich ihrem Schicksal zu stellen – im Kampf gegen Spider-Man zu sterben. Aber was wäre, wenn unser Held ihr Schicksal ändern könnte? Was wäre, wenn er ihnen – wie dem vom Kobold infizierten Norman Osborn, der von seiner psychotischen alternativen Persona verfolgt wird – von ihren Leiden helfen könnte?

Das ist eine große Aufgabe:

  • Einige sagen Peter, er solle sich einfach darauf konzentrieren, die Normalität im Universum wiederherzustellen – wenn sie so sterben, wie es ihnen vorherbestimmt war, sei es nicht seine Schuld.
  • Andere sagen ihm das Gegenteil – er hat außergewöhnliche Gaben, und mit großer Macht kommt große Verantwortung.

Es ist eine interessante Entscheidung der Drehbuchautoren, die dualistische und dramatische Vorstellung abzulehnen, dass Bösewichte im Kampf gegen ihre Gegenspieler sterben müssen.

Was wäre, wenn wir uns alle auf einer gleitenden Skala von Gut und Böse befinden und gleichzeitig zu großer Güte sowie unmenschlichem fähig sind?

Natürlich wird es hier etwas vereinfacht, denn die Bösewichte sind im Grunde alle Opfer von wissenschaftlichen Experimenten geworden, und sobald sie von ihren Leiden befreit sind, werden sie wieder »gut«. Im wirklichen Leben wissen wir, dass Menschen nicht wegen unüberlegter wissenschaftlicher Projekte böses tun, sondern weil das menschliche Herz unvollkommen und leicht verführbar ist.

Aber die Botschaft des Films funktioniert immer noch: Niemand ist ausschließlich böse oder nicht mehr zu retten. Nein, Gutes steckt in uns allen, und jeder bekommt die Chance, es noch mal zu versuchen. Und aus christlicher Sicht hat die Vorstellung von der Gnade, die es uns ermöglicht, unser böses Wesen abzulegen und einen besseren Weg einzuschlagen, natürlich auch etwas mit dem Evangelium zu tun – und dass dieses Geschenk allen zur Verfügung steht. Wie eine Figur im Film sagt:

»Wir retten doch alle, oder? Das ist unser Job.« — Spider-Man, No Way Home

Auch andere Helden in der Geschichte bekommen eine Chance auf Wiedergutmachung.

Was wäre, wenn dein heroisches Handeln dazu führt, dass jemand, den du liebst, verletzt wird oder sogar stirbt? Wie würdest du damit leben?

Wenn du den Film gesehen hast, weißt du, an wen ich denke, denn mindestens zwei Figuren stehen vor dieser Herausforderung. Wenn schlimme Dinge passieren, während du versuchst, das Richtige zu tun, ist es dann an der Zeit aufzugeben? Solltest du Güte und Barmherzigkeit aufgeben und dich von Bitterkeit und Rachsucht leiten lassen? Wenn du dich der Rache hingibst, was unterscheidet dich dann noch von den Schurken, die du bekämpfst?

Große Macht, große Verantwortung

Superheldengeschichten erkunden gerne diese moralischen Gratwanderungen und die Herausforderung, Monster zu bekämpfen, ohne selbst eines zu werden. Keine Figur verkörpert den Kampf eines Helden besser als Spider-Man. Wie dieser Film zeigt, ist ein zentraler Bestandteil der Figur sein Leiden. Er hat eine geheime Identität, was innere Konflikte bedeutet, und lügt, um die Menschen zu schützen, die er liebt. Er ist oft allein, unterfinanziert und wird nicht richtig wertgeschätzt. Er kämpft darum, seine Miete zu bestreiten und ein Superheld zu sein, während eine feindselige Presse ihn als Bedrohung darstellt.

Spider-Man ist ein Beispiel für Tugendhaftigkeit, weil er zeigt, dass sie ihren Preis hat.

Spider-Man ist ein Beispiel für Tugendhaftigkeit, weil er zeigt, dass sie ihren Preis hat. Dass es wehtun kann, das Richtige zu tun, ohne Komfort, Reichtum oder Ruhm. Aber du tust es trotzdem, weil du dazu berufen bist. Der Film endet mit einem großen Moment der Aufopferung einer Figur, die sich für das Allgemeinwohl und nicht für ihr eigenes Glück entscheidet. No Way Home wird dich wahrscheinlich dazu bringen, dir frühere Spidey-Filme anzusehen, wie z. B. Spider-Man 2 aus dem Jahr 2004, in dem Tante May zu Peter sagt:

»Weiß Gott, Kinder wie Henry brauchen einen Helden. Mutige, opferbereite Menschen. Sie sind Vorbilder für uns alle... Ich glaube, dass in jedem von uns ein Held steckt, der uns ehrlich hält, uns Kraft gibt, uns edel macht und uns schließlich erlaubt, mit Stolz zu sterben, auch wenn wir manchmal standhaft sein und die Dinge aufgeben müssen, die wir am meisten wollen. Sogar unsere Träume.«

Manchen mag das zu kitschig oder zu kindisch erscheinen, aber ich glaube, dass Geschichten wie diese im besten Fall einen tiefen Wert haben, weil sie letztlich nicht das Spektakuläre, sondern das Gewöhnliche würdigen. Helden wie Peter Parker sind sympathisch, weil sie wie wir sind. Sie erleben die gleichen alltäglichen Rückschläge und Kämpfe wie wir (mal abgesehen von riesigen Echsen und Außerirdischen).

Wir alle stehen täglich vor dem moralischen Drahtseilakt, die Gaben, die uns gegeben wurden – unsere Zeit, Talente und Ressourcen – verantwortungsvoll zu nutzen.

Wie Peter werden wir alle herausgefordert, wenn das Richtige zu tun nur Leid zu bringen scheint. Wie Peter können wir uns nur durch die Weisheit, die Ratschläge und die Ermutigung unserer Liebsten durchsetzen, die den Kampf mit uns teilen. Eine Community, die sich dabei gegenseitig auf dem Weg trägt.

Ein Film für Jugendarbeit

Diese Gemeinschaftsidee macht No Way Home nicht nur zu einem großartigen Film, sondern auch zu einem großartigen Film für Jugendarbeit. Im Gegensatz zu vielen erwachsenen Superhelden ist der Protagonist hier ein Teenager, der noch zur Schule geht. Peter zeigt uns junge Liebe, aufrichtige Hoffnung und intensive Zukunftsängste und trifft urkomische Fehlentscheidungen (auch wenn sie gut gemeint sind). Das kennt sicher jeder, der junge Menschen kennt. Es ist eine Coming-of-Age-Geschichte, die auch die Coming-of-Age-Trilogie für Tom Hollands Spidey abschließt, indem sie von den Freuden und Schmerzen des Erwachsenwerdens, des Loslassens und der Wahl des eigenen Lebensweges erzählt. Ich kann nicht sagen, was junge Leute von diesem Film halten, aber nach den mit Applaus gefeierten Vorführungen, die ich besucht habe, ist dies eine Geschichte, die sie anspricht. Aber es ist auch ein Film über Jugendleiter:innen, über die Mentor:innen, die sich selbst aufopfern, damit andere lernen und wachsen können, und die weitergeben, was sie gelernt haben.

Als Jugendleiter:in musst du vielleicht die Ermutigung dieser Geschichte hören: Selbst wenn sich deine Arbeit ungesehen oder nicht wertgeschätzt anfühlt und du dich vielleicht allein fühlst, solltest du wissen, dass deine Arbeit eine Berufung ist, dass sie einen tiefen Wert hat und dass jede Beziehung zählt. Natürlich sind es oft die Mentoren, die noch dazu lernen müssen. In diesem Film wie auch im echten Leben können sowohl leichtsinnige, optimistische junge Menschen als auch ihre klügeren, zynischen oder entmutigten älteren Kollegen viel voneinander lernen. Und da Jugendleiter:innen davon träumen, nicht nur junge Menschen, sondern auch junge Leiter:innen heranzuziehen, sehen wir, wie der viel gelobte Peter weiser wird und sich darauf vorbereitet, selbst ein Mentor für andere zu sein. Das ist der (Jugendarbeits-)Kreislauf des Lebens.

Selbst wenn sich deine Arbeit ungesehen oder nicht wertgeschätzt anfühlt und du dich vielleicht allein fühlst, solltest du wissen, dass deine Arbeit eine Berufung ist, dass sie einen tiefen Wert hat und dass jede Beziehung zählt.

Beziehungsfragen

Wenn du also die Möglichkeit hast, schau dir No Way Home an und frag deine Jugendlichen danach.

  • Sehen sie sich selbst in der Geschichte?
  • Siehst du dich selbst in ihr?
  • Welche Herausforderung oder Hoffnung gibt dir die Geschichte?
  • Wenn Menschen Fehler machen, den falschen Weg wählen, bekommen sie dann eine zweite Chance oder ist ihr Schicksal schon besiegelt?
  • Was wäre, wenn wir uns alle auf einer gleitenden Skala von Gut und Böse befinden und gleichzeitig zu großer Güte sowie unmenschlichem fähig sind?
  • Was wäre, wenn dein heroisches Handeln dazu führt, dass jemand, den du liebst, verletzt wird oder sogar stirbt? Wie würdest du damit leben?
  • Wenn schlimme Dinge passieren, während du versuchst, das Richtige zu tun, ist es dann an der Zeit aufzugeben? Solltest du Güte und Barmherzigkeit aufgeben und dich von Bitterkeit und Rachsucht leiten lassen? Wenn du dich der Rache hingibst, was unterscheidet dich dann noch von den Schurken, die du bekämpfst?

Mitten im Winter und einer Pandemie können wir alle etwas Hoffnung, Orientierung und Lebensfreude gebrauchen. Zum Zeitpunkt des Schreibens kenne ich mindestens einen Ort, an dem du sie bekommen kannst.

Dieser Artikel wurde von Joseph Hartropp verfasst und zuerst von unseren Freunden bei youthscape.co.uk veröffentlicht, die die christliche Jugendarbeit in Großbritannien fördern. Deutsche Version von Andy Fronius.

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