9 von 10 Jugendlichen spielen
Computer- und Videospiele sind seit Jahren immer beliebter geworden und nicht mehr wegzudenken. 2018 spielten 35% in Deutschland regelmäßig digitale Spiele, dabei waren 28% der Spieler über 50 Jahre alt. Das zeigt, dass Videospiele in allen Altersstufen beliebt sind. Am häufigsten spielen jedoch Jugendliche, denn lediglich jeder zehnte Jugendliche spielt nie.
Die Wirtschaft profitiert im großen Stil: 3 Mrd. Euro Umsatz konnte die Spielindustrie 2018 verzeichnen, Tendenz steigend.

Warum sind Computerspiele so beliebt?
Aber warum sind Videospiele so beliebt und was für einen Sinn und Nutzen haben sie? Sind sie in erster Linie einfach Spiele, Spielzeug oder Instrumente der Pädagogik? Sollten sie für Entwicklung und Ausbildung dienen oder sind sie ein Medium wie ein Film?
Warum Menschen spielen, lässt sich wie folgt erklären.
Das Lustzentrum wird angeregt, Glücksgefühle werden bei Erfolgen ausgelöst und man kann der Realität entfliehen und in einer eigenen Welt leben.
Jeder Spielende hat seine eigenen Gründe dabei.

Die vier Prinzipien der Handlungswahl
Auf der anderen Seite stehen die Firmen und ihr ethischer Blick auf das, wieso sie ihre Spiele produzieren. Letztlich geht es ihnen um Profit. Dennoch liefern sie auch Gründe, die über die Finanzen hinaus gehen. Dabei geht es immer um vier Prinzipien der Handlungswahl.
1. Das Konsequenzen-Prinzip
Dabei wird die Richtigkeit anhand der Folgen bewertet. In diesem Fall sind Spiele nicht von sich aus gut oder schlecht, sondern können nur im Kontext der Folgen bewertet werden. Wenn Spielende daraus einen positiven Mehrwert haben, im Sinne von Spaß, Wissen, Entwicklung etc. ist die Konsequenz, dass das Spiel als richtig eingestuft wird. Beispiele sind Spiele, die historische Elemente beinhalten, aber auch Strategiespiele gehören dazu.
2. Das Utilitäts- bzw. Nutzenprinzip
Das heißt, Spiele sind dann moralisch richtig, wenn in Summe das Wohlergehen aller Spieler maximiert wird. Der Inhalt ist dabei nebensächlich. So können auch Spiele, die ethisch fragwürdig sind, begründet werden.
3. Das Hedonistische Prinzip
Wenn das Spiel zur Erfüllung und Befriedigung menschlicher Bedürfnisse beiträgt, ist es gut. Auch hier sind die Inhalte nebensächlich, solange das Lustzentrum angesprochen wird und die Spielenden glücklich und zufrieden mit dem Spiel sind.
4. Das Universalistische Prinzip
Dabei muss das Spiel allen Menschen dienen, es geht dabei um die Verpflichtung zum allgemeinen Wohlergehen. Im Unterschied zum Konsequenzen-Prinzip geht es nicht hauptsächlich um die Konsequenzen, die daraus entstehen, sondern schon im Vorfeld darum, inwiefern das Spiel zum allgemeinen Wohlergehen beiträgt. Darunter fallen unter anderem Lern- und Wissensspiele.

Dass das nicht nur positiv aufgenommen wird, macht die Aussage von Kriminologe Prof. Dr. Christian Pfeiffer deutlich, einem von Deutschlands größten Gegner von Videospielen.
»Eine Gesellschaft ist krank, die solche (grausamen) Spiele auf den Markt lässt.« – Prof. Dr. Christian Pfeiffer
Dies ist eine Stimme von vielen. Allgemein sollte allen bewusst sein, dass es Spiele gibt, die positive Auswirkungen haben, aber auch viele Spiele Risiken und Nebenwirkungen haben können. So konnte man bei dem Handyspiel PokémonGo am Anfang auf Friedhöfen und Gedenkstätten Geister-Pokémon »jagen«. Dies ist moralisch sehr bedenklich, wenn viele Menschen auf diesen Gedenkstätten herumrennen und möglicherweise dabei auch Dinge beschädigt werden, oder Angehörige gestört und belästigt werden. Deshalb wurde es vom Hersteller auch behoben.

Eine weitere fragwürdige Szene ist das Waterboarding in GTA V. Dort muss man Waterboarding durchführen, um in der Mission weiterzukommen. Die Hersteller argumentieren, dass sie mit dieser Szene auf Waterboarding aufmerksam machen wollen, um es in der realen Welt zu verhindern. Auch die Szene »No Russian« aus Call of Duty: Modern Warfare 2 lässt viele Fragen aufkommen. Dort ist man Teil eines Killerkommandos, welches auf einem Flughafen dutzende Zivilisten erschießt. In der deutschen Version ist dies aber nicht möglich, da ist man »nur« mit dabei. Sobald man auf Zivilisten schießt, muss man die Mission neu starten. Diese zwei Beispiele sind immer noch in Diskussion. Selbst eingefleischte Fans der Spielreihen äußerten sich mit Kritik. Aus Seiten der Produzenten greifen dabei vermutlich dennoch das 2. oder 3. Prinzip der Handlungswahl, denn diese einzelnen Szenen stehen dem Erlebnis des ganzen Spieles gegenüber. Dazu gibt es aber keine klaren Aussagen.
Risiken und Nebenwirkungen von Spielen
Weiter wurden schlechtere Schulleistungen als Nebenwirkung genannt. Deshalb gab es Forderungen, Spiele höher einzustufen, um den Zugang zu erschweren, um so mehr Zeit zum Lernen zu haben. Ein weiterer und vermutlich der häufigste Kritikpunkt, der angebracht wird, ist die Gewalt in Videospielen. Dabei gibt es zwei Seiten, die Produzierenden und die Kritisierenden. Ein Kritikpunkt ist, dass Gewalt zu einer Minderung von sozialem Verhalten führt. Forscher konnten das bestätigen, wiesen aber darauf hin, dass das nur für kurze Zeit direkt nach dem Spielen zutrifft.

Weiter wird diskutiert, ob Gewalt in Videospielen einen pädagogischen Sinn hat. Über alledem steht die Frage, ob die Darstellung von Gewalt die Grenzen, Normen und Werte einer Gesellschaft verletzt. Dabei stehen sich Ästhetik und Ethik im Konflikt. Die Produzierenden sehen Videospiele als Kunst und fühlen sich in der Freiheit der Kunst eingeschränkt, wenn Spiele mit Darstellung von Gewalt verboten werden.
Eine pauschale Verteufelung von Gewaltdarstellung hilft nicht weiter, sondern man muss dauerhaft im Austausch bleiben.
Chancen und Grenzen des Jugendschutzes
Um Jugendliche und Minderjährige vor verschiedenen Inhalten zu schützen, stuft die USK die Spiele anhand des Jugendschutzes ein. Dabei wird lediglich nach den Inhalten bewertet und nicht nach den kognitiven Fähigkeiten. Das bedeutet, ein Kind darf ein Spiel spielen, wird aber ggf. durch Steuerung etc. überfordert und frustriert.

Überdies gibt es noch die Möglichkeit, Spiele zu indizieren. Das wird dann vorgenommen, wenn die Inhalte gegen geltende Gesetze verstoßen, oder dies vermutet wird. Dazu zählen unter anderem Inhalte, die gegen den Verfassungsschutz verstoßen. Bevor ein Spiel auf den Markt kommt, wird es überprüft und gegebenenfalls indiziert. Je nach Einstufung darf ein Spiel nicht veröffentlicht werden, oder darf nicht sichtbar für Minderjährige angeboten werden. Im Extremfall werden strafrechtliche Maßnahmen eingeleitet.
Ein Punkt, der nicht im Jugendschutz greift, ist das mögliche Suchtpotenzial. Dieses wird bei den Inhalten gesehen und nicht am Nutzungsverhalten. Dies kann weitreichende Folgen haben, bei Onlinespielen mehr als offline. Online Glücksspiele und Gewinnspiele haben dabei einen Einfluss auf die Geldsozialisation von Kindern und Jugendlichen.
Es gibt aber auch Vorteile. Spiele mit prosozialem Verhalten können das soziale Verhalten steigern und können auch im religionspädagogischen Feld sehr hilfreich sein.

Dennoch sollte jede*r selbst, oder die Erziehungsberechtigten im Einzelfall entscheiden, ob die einzelnen Spiele auch sinnvoll und gut für eine Person sind, selbst wenn sie nach Jugendschutz gespielt werden dürfen.
Literaturangaben für diesen Artikel
Grimm, Petra; Capurro, Rafael (Hg.): Computerspiele – Neue Herausforderungen für die Ethik? Stuttgart 2010.
Ulshöfer, Gotlind; Wilhelm, Monika (Hg.): Theologische Medienethik im digitalen Zeitalter, Stuttgart 2020.
Fladerer, Bernd: Videospiele zwischen Wirtschaftlichkeit, Recht und Moral, Marburg 2013.