Übersicht der »New Adults« Artikelserie
1. New Adults – irgendwo zwischen jugendlich und Erwachsensein
2. Identität zwischen Ich und Wir (Wie entsteht Identität? – Teil 1)
3. Identität zwischen Option und Entscheidung (Wie entsteht Identität? – Teil 2)
4. Identität zwischen Sein und Veränderung (Wie entsteht Identität? – Teil 3)
5. New Adults & die Gute Nachricht: Anknüpfungspunkte

»Es wird […] zugleich gefordert, so zu sein wie alle und so zu sein wie niemand«[1], so schreibt der Identitäts-Experte Lothar Krappmann und beschreibt damit ziemlich treffend die Aufgabe und Herausforderung der Identitätsentwicklung und damit auch von New Adults.

Identität zwischen Ich und Wir

Identität entwickelt sich aus dem heraus, was ganz individuell in jedem Menschen steckt: Die einzigartigen körperlichen und psychischen Eigenschaften, die Grundstruktur der eigenen Persönlichkeit, all das, was man kann und was man nicht kann.

Gleichzeitig entwickelt sich Identität auch durch all das, was der Mensch um sich herum erlebt: Die Familie und der Freundeskreis, die Uni und die Gemeinde, die Gesellschaft und die Kultur, in der er sich befindet.

Die Kunst ist es nun, so erklärt es der Entwicklungspsychologe Klaus Hurrelmann, das »Innere« und das »Äußere« miteinander in Einklang zu bringen.[2]

Denn wir Menschen wollen und brauchen beides:

  • Wir wollen uns ganz individuell entwickeln, so, wie unser „Inneres“ es uns ermöglicht.
  • Gleichzeitig wollen wir in unsere Umgebung, in das „Außen“ reinpassen; wir wollen dazugehören.

Und nur, wenn wir beide Aspekte auf eine stimmige Art und Weise zusammenbringen, entwickeln wir Identität. Individualität (»Ich«) und Integration (»Wir«) sind daher die zwei Seiten der Medaille der Identitätsentwicklung.

zwei-maenner-und-frau-sitzen-nebeneinander-vor-dem-tor-mrj
(Foto Brett Sayles)

Und das gilt auch für New Adults: Sie wollen sich selbst verwirklichen und sie wollen dazugehören. Beides braucht es auch und von beiden Seiten kann man ziemlich gut vom Pferd fallen: Manche New Adults sind so angepasst, dass sie in einer Gruppe kaum auffallen – sie wissen nicht, was sie selber wollen oder können und drücken dies demnach auch nicht nach außen aus. Andere New Adults sind so auf ihre eigene Person fixiert, dass tiefe und echte Beziehungen zu andern kaum möglich sind.

Um Identität zu finden, braucht es beides:

  • Sich als einzigartige Person wahrnehmen und sich von anderen abgrenzen können
  • Sich in eine Gruppe von Menschen einfügen und sich dazu auch ein wenig anpassen können; echte Beziehungen aufbauen und leben können

Wenn diese beiden Aspekte gleichzeitig und in einer Balance gelebt und erlebt werden können, hat ein Mensch laut Hurrelmann seine Identität gefunden.

Was es dazu braucht

Dass New Adults sich mit ihrem »Inneren« und »Äußeren« auseinandersetzen, passiert automatisch. Wir Menschen können gar nicht anders. Was aber nicht automatisch passiert, ist, dass dieser Prozess auf eine gute Art und Weise gelingt.

Dazu braucht es Ressourcen:

1. Es braucht personale Ressourcen.
Mit personalen Ressourcen sind die individuellen Bewältigungsfähigkeiten von New Adults gemeint – also alles, was New Adults haben und was ihnen hilft, den Anforderungen des Lebens zu begegnen und diese zu bewältigen.[3]
Dazu gehören z.B. finanzielle und materielle Ressourcen, die eigene Gesundheit, Begabungen und Fähigkeiten, die Kunst, sich mitteilen und kommunizieren zu können, Selbstorganisation, Stress- und Alltagsbewältigung und die Fähigkeit, Antworten auf die vielen lebenspraktischen Fragen zu finden (und das sind in den Zwanzigern viele!).

mann-mit-rotem-short-und-seinem-fahrrad-mrj
Foto Andrea Piacquadio

2. Es braucht soziale Ressourcen.
Mit sozialen Ressourcen sind alle Möglichkeiten der sozialen Unterstützung gemeint, die New Adults helfen, mit ihrem »Innern« und »Äußeren« auf eine gute Art und Weise umzugehen.[4]
Dazu gehören z.B. die eigene Familie, Gemeinden und Jugendgruppen, der Freundeskreis und die Medien, Mentorinnen und Lehrer, Pastorinnen und Therapeuten und – wenn du mit New Adults zu tun hast – du!

Unterm Strich

Identitätsentwicklung ist immer eingebettet in soziale Beziehungen.

Bei dem »Wir« ist uns das klar. Aber auch die Entwicklung des »Ichs« braucht ein oder mehrere Gegenüber – denn abgrenzen und von anderen unterscheiden kann man sich nur, wenn es auch die Leute gibt, von denen man sich abgrenzen und unterscheiden kann.

positive-multiethnische-studenten-arbeiten-zusammen-am-laptop-mrj
Foto William Fortunato

Um diesen Prozess zu meistern, brauchen New Adults Ressourcen. Und – wichtig! – sie müssen sie nicht nur haben, sie müssen auch in der Lage sein, diese wahrzunehmen und zu nutzen![5] Die eigenen Fähigkeiten führen zu nichts, wenn man sie nicht erkennt und nutzt. Small Groups und Gesprächsangebote sind nur dann eine Hilfe, wenn New Adults diese Unterstützung auch annehmen.

New Adults benötigen nicht nur Ressourcen, sie müssen auch in der Lage sein, diese wahrzunehmen und zu nutzen!

Wie kann man New Adults auf ihrer Suche nach Identität unterstützen?

  • Du kannst New Adults helfen, ihre personalen Ressourcen auf die Schliche zu kommen. Gaben- und Persönlichkeitstest können dabei eine Hilfe sein oder Fragen zur »Bestandsaufnahme«: Welche Herausforderungen hast du schon gemeistert? Welche Erfahrungen hast du mit Gott gemacht? In welchen Bereichen deines Lebens fühlst du dich besonders beschenkt? Was magst du an dir? Usw.
  • Du kannst Räume schaffen, die echte Begegnungen möglich machen. Auch gruppenpädagogische Angebote können soziale und kommunikative Kompetenzen fördern.
  • Du kannst dich umhören, welche Unterstützung New Adults in ihrem ganz normalen Alltag brauchen: Das kann alles sein von „Welche Versicherungen brauche ich?“ über »Wie kann ich von all dem Stress abschalten?“ bis hin zu „Wie finde ich einen Partner?«
  • Mentoring und andere Gesprächs- und Unterstützungsangebote sind immer eine gute Idee! :)

  1. Krappmann, Lothar (1982: 78): Soziologische Dimensionen der Identität. Strukturelle Bedingungen für die Teilnahme an Interaktionsprozessen, 6. Aufl. (Erstauflage 1969), Stuttgart: Ernst Klett. ↩︎

  2. Grundlage des hier in aller Kürze erklärten Prinzips ist das Buch: Hurrelmann, Klaus; Bauer, Ullrich (2020): Einführung in die Sozialisationstheorie. Das Modell der produktiven Realitätsverarbeitung, 13. Aufl., Weinheim - Basel: Beltz Verlag. ↩︎

  3. Vgl. Hurrelmann, Klaus (2012: 93): Jugendliche als produktive Realitätsverarbeiter: zur Neuausgabe des Buches "Lebensphase Jugend". Diskurs Kindheits- und Jugendforschung / Discourse. Journal of Childhood and Adolescence Research, Jg. 7 (1), S. 89-100. ↩︎

  4. Vgl. Hurrelmann, Klaus (2012: 93): Jugendliche als produktive Realitätsverarbeiter: zur Neuausgabe des Buches "Lebensphase Jugend". Diskurs Kindheits- und Jugendforschung / Discourse. Journal of Childhood and Adolescence Research, Jg. 7 (1), S. 89-100. Und: Hurrelmann, Klaus; Bauer, Ullrich; Grendel, Tanja (2019: 44): Sozialisation als produktive Realitätsverarbeitung (Klaus Hurrelmann), In: Grendel, Tanja (Hrsg.): Sozialisation und Soziale Arbeit. Studienbuch zu Theorie, Empirie und Praxis, Wiesbaden: Springer VS, S. 39-50. ↩︎

  5. Vgl. Hurrelmann, Klaus; Bauer, Ullrich (2020: 97): Einführung in die Sozialisationstheorie. Das Modell der produktiven Realitätsverarbeitung, 13. Aufl., Weinheim - Basel: Beltz Verlag. Und: Keupp, Heiner; Ahbe, Thomas; Gmür, Wolfgang; Höfer, Renate; Mitzscherlich, Beate; Kraus, Wolfgang; Straus, Florian (2008: 198): Identitätskonstruktionen. Das Patchwork der Identitäten in der Spätmoderne, 4. Aufl., Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag. ↩︎

💡
New Adults
Jeffrey J. Arnett spricht in seiner Theorie von »Emerging Adults« und meint damit die 18- bis 29-Jährigen. Diese meine ich auch, nur nenne ich sie »New Adults« – ein Begriff, den es im deutschsprachigen Raum bereits als Buchgenre für ebendiese Altersgruppe gibt.

Ich verwende bewusst den Begriff »New Adults«, um abzugrenzen von den vielen Rollenerwartungen, die sich hinter dem Begriff »Junge Erwachsene« verbergen (siehe hier).

Alter Begriff – alte Erwartungen. Neuer Begriff – neue Chancen!

Way to Go! Weil deine Identität entdeckt werden will

Judith Westerheide

Wohin geht's und wer wirst du unterwegs?

Fühlst du dich manchmal ein wenig lost inmitten all der Möglichkeiten und Entscheidungen?
Gibt es Meilensteine, die du längst erreicht haben wolltest?
Schritte, bei denen du nicht weißt, ob du sie gehen sollst und wohin sie führen?

Damit bist du nicht allein! Anders als noch vor einigen Jahrzehnten findet die Entwicklung der Identität inzwischen überwiegend in den Zwanzigern statt. Eine neue Lebensphase ist entstanden: die der New Adults (18-29 Jahre). Wie ist es dazu gekommen und was bedeutet das? Und wie kann man herausfinden, wer man ist und wie man sein Leben leben will?

Mit spannenden psychologischen Fakten, Aha-Momenten und Übungen zur Selbstreflexion will Way to go! dir helfen, weiterzukommen und anzukommen auf dem Weg zu deiner Identität.

Für New Adults und alle, die zwar selbst nicht mehr in diesem Alter sind, junge Menschen aber besser verstehen, sie anfeuern, fördern und begleiten möchten.

Jetzt bestellen

Sei ein Teil der Zwölf

Wenn nur 12% unserer Leser monatlich 12€ spenden, können wir unsere Arbeit für die Jugendarbeit nachhaltig sichern.

Jetzt spenden