Übersicht der »New Adults« Artikelserie
1. New Adults – irgendwo zwischen jugendlich und Erwachsensein
2. Identität zwischen Ich und Wir (Wie entsteht Identität? – Teil 1)
3. Identität zwischen Option und Entscheidung (Wie entsteht Identität? – Teil 2)
4. Identität zwischen Sein und Veränderung (Wie entsteht Identität? – Teil 3)
5. New Adults & die Gute Nachricht: Anknüpfungspunkte

Wenn man mal anfängt, sich mit dem Thema Identität auseinanderzusetzen, begegnet einem früher oder später der Begriff »Identitätsarbeit«[1]. Dahinter steckt der Gedanke, dass der Mensch sich seine Identität erarbeitet. Und das scheint ja auch irgendwie so: Das Ich und das Wir, die Option und die Entscheidung, Sein und Veränderung – all das will bedacht, ausbalanciert und integriert werden. Die eigene Identität zu suchen und zu finden, kann ganz schön herausfordernd und damit auch irgendwie anstrengend sein.

Doch ist das alles?

Empfangen statt erarbeiten

Unser Glaube an Gott zeigt uns noch eine andere Perspektive von Identität auf.

In Genesis 1,26 lesen wir: »Dann sagte Gott: Jetzt wollen wir den Menschen machen, unser Ebenbild, das uns ähnlich ist.« Gesagt – getan.

Gott erschafft den Menschen, steckt ganz viel von sich selbst in ihn hinein und spricht hinterher voller Zufriedenheit über ihm aus: »sehr gut!« (Gen 1,31).

Bei uns läuft das alles etwas anders. Bevor es da ein »sehr gut« von irgendjemandem gibt, muss erst mal etwas geleistet werden. Egal, ob es sich dabei um ein »sehr gut« in einer Prüfung, die Follower-Zahlen auf Instagram oder den ersten Job handelt. Man ist niemand, bevor man nicht etwas tut und ein »sehr gut« will erst einmal verdient sein.

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Foto Mary Taylor

Doch Gott ist anders. Direkt am Anfang, noch bevor der Mensch irgendetwas tun konnte, spricht er sein »sehr gut« über ihm aus. Und er hört damit nicht auf. Immer und immer lesen wir in der Bibel, wie Gott dem Menschen von außen Wert und damit auch Identität zuspricht.

Das bedeutet nicht, dass wir Menschen ohne Fehler und Schwächen sind. Aber der Zuspruch Gottes, seine Liebe und sein »sehr gut« sind nicht geknüpft an Perfektion oder gar Sündlosigkeit, an unsere vermeintlich guten Taten, an unsere Stärken und daran, was wir alles schaffen.

Anstatt also etwas zu tun, um jemand zu sein, gilt es hinzuhören, den Zuspruch zu hören und für sich selbst zu empfangen.

Wir können uns das nicht erarbeiten oder gar verdienen – weil es wie ein Geschenk einfach gegeben wird.
Wir können es aber empfangen. Und dann immer mehr realisieren, was genau das denn eigentlich bedeutet.

Wenn Gott uns begegnet

Ein Beispiel aus der Bibel ist Hagar (das ist die Frau, der wir unsere Jahreslosung 2023 zu verdanken haben). Ausgerechnet ein Engel war es, der ihr mitten in der Wüste die großen Identitätsfragen des Lebens stellte: »Woher kommst du und wohin gehst du?« (1. Mo. 16,8).

Hagar war eine ägyptische Sklavin. Sie gehörte zu Sara, und da diese nicht schwanger werden konnte, wurde ihr aufgetragen, mit Abraham zu schlafen. Ihr Kind würde dann als das von Sara und Abraham gelten. Als Hagar dann schwanger war, verachtete sie ihre Herrin. Diese rächte sich, nutzte ihre bessere Position aus und Hagar hatte ein hartes Leben. Bis es ihr dann irgendwann zu viel wurde und sie, schwanger wie sie war, fortlief – in die Wüste, wo ihr dann der Engel begegnete. Hagars Antwort auf die Frage des Engels reduziert sich auf das Wesentliche: »Ich bin auf der Flucht vor meiner Herrin Sara.« Das war alles, was sie von sich selbst zu erzählen wusste.

Doch Gott sieht mehr! Er spricht mitten in ihr Leben, gibt ihr konkrete Anweisungen für ihre nächsten Schritte und eine Berufung, die weit in die Zukunft reicht.

Diese Begegnung mit Gott verändert Hagar. Als erste Person in der Bibel gibt sie Gott einen Namen. Sie nennt ihn El-Roi, was übersetzt bedeutet: »Der Gott, der mich sieht.«

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Foto Rodolfo Quirós

Eine Aussage über Gott. Und eine über sich selbst. Sie ist von Gott gesehen. Das ist, wer sie ist. »Ich habe den gesehen, der mich sieht!« (1. Mo. 16, 13)

Die Bibel ist voll von solchen Geschichten. Egal, ob die Menschen sich wie Hagar in die Wüste flüchten, sich wie Zachäus auf einem Baum verstecken oder wie die Frau aus Markus 5 in der Menschenmenge unterzugehen versuchen – Gott kommt und spricht sie an. Und sie gehen als veränderte Menschen. Denn wenn Gott Identität in unser Leben spricht, dann verändert sich was.

In der Begegnung mit ihm erkennen wir, wer wir wirklich sind. Und wir werden, wer wir wirklich sind.

Gute Nachricht!

In einer Welt, in der man alles sein kann, in der Selbstbestimmung und Leistung großgeschrieben werden, in der die Ansprüche hoch und der Druck groß sind – in einer solchen Welt etwas geschenkt zu bekommen, etwas zugesprochen zu bekommen – das kann eine echte Befreiung sein!

In einer Welt, die sich ständig verändert und in der Modetrends, Meinungen und Möglichkeiten morgen anders sind als heute – in so einer Welt einen Gott zu kennen, dessen Identität sich nicht wandelt und dessen Zuspruch fest und unerschütterlich ist – das kann eine große innere Ruhe und tiefe Sicherheit geben.

In einer Welt, in der Identität mit dem Wort Arbeit verknüpft wird und in der sich das mit der Identitätssuche manchmal ganz schön anstrengend anfühlen kann – in so einer Welt ist der Zuspruch Gottes eine wirklich gute Nachricht. Und damit auch Anknüpfungspunkt, um New Adults inmitten all dieser Herausforderungen mit dem Evangelium zu erreichen.

Unterm Strich

Mit Gott unterwegs zu sein, bedeutet, Identität von außen zugesprochen zu bekommen.

Dieser Zuspruch ist der Kern deiner und meiner Identität. Auf dieser Grundlage können wir uns auf die Suche nach all den anderen Aspekten machen, die unsere Identität auch noch ausmachen. Denn Gott ist es, der uns geschaffen hat, der uns einzigartig gemacht und mit Gaben und Persönlichkeit, Träumen und Ideen, Erfahrungen und Ressourcen ausgestattet hat. Und er will, dass wir all das entdecken. Aber nicht aus einer Leere, aus Stress und Unsicherheit heraus – sondern mit diesem inneren Wissen, dass wir jemand sind, noch bevor wir irgendetwas tun.

Wie kann man New Adults auf ihrer Suche nach Identität unterstützen?

  • Lest (in Hauskreisen, Jungen-Erwachsenen-Gruppen …) die Geschichten aus der Bibel mit der Identitäts-Brille: Wie hat der Zuspruch Gottes die Menschen verändert? Sucht nach Bibelstellen, in denen uns Identität zugesprochen wird. Wie kann dieser Zuspruch Gottes auch uns Menschen heute noch verändern? Was bedeutet das für den eigenen Alltag, für die persönlichen Herausforderungen und die Suche nach Identität?
  • Schaffe Gelegenheiten, in denen Zeit und Raum ist, damit Gott New Adults begegnen kann, z.B. indem ihr gemeinsam geistliche Übungen ausprobiert, Zeiten der Stille einbaut, einen Gebetsraum gestaltet etc.
  • Mach’s wie Gott: Sei selbst jemand, der Menschen etwas zuspricht! Und der Menschen liebt, noch bevor sie etwas geleistet oder sich selbst bewiesen haben. New Adults brauchen Ermutigerinnen und Ermutiger!

  1. Vgl. u.a. Keupp, Heiner; Ahbe, Thomas; Gmür, Wolfgang; Höfer, Renate; Mitzscherlich, Beate; Kraus, Wolfgang; Straus, Florian (2008: 8): Identitätskonstruktionen. Das Patchwork der Identitäten in der Spätmoderne, 4. Aufl., Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag. ↩︎

💡
New Adults
Jeffrey J. Arnett spricht in seiner Theorie von »Emerging Adults« und meint damit die 18- bis 29-Jährigen. Diese meine ich auch, nur nenne ich sie »New Adults« – ein Begriff, den es im deutschsprachigen Raum bereits als Buchgenre für ebendiese Altersgruppe gibt.

Ich verwende bewusst den Begriff »New Adults«, um abzugrenzen von den vielen Rollenerwartungen, die sich hinter dem Begriff »Junge Erwachsene« verbergen (siehe hier).

Alter Begriff – alte Erwartungen. Neuer Begriff – neue Chancen!

Way to Go! Weil deine Identität entdeckt werden will

Judith Westerheide

Wohin geht's und wer wirst du unterwegs?

Fühlst du dich manchmal ein wenig lost inmitten all der Möglichkeiten und Entscheidungen?
Gibt es Meilensteine, die du längst erreicht haben wolltest?
Schritte, bei denen du nicht weißt, ob du sie gehen sollst und wohin sie führen?

Damit bist du nicht allein! Anders als noch vor einigen Jahrzehnten findet die Entwicklung der Identität inzwischen überwiegend in den Zwanzigern statt. Eine neue Lebensphase ist entstanden: die der New Adults (18-29 Jahre). Wie ist es dazu gekommen und was bedeutet das? Und wie kann man herausfinden, wer man ist und wie man sein Leben leben will?

Mit spannenden psychologischen Fakten, Aha-Momenten und Übungen zur Selbstreflexion will Way to go! dir helfen, weiterzukommen und anzukommen auf dem Weg zu deiner Identität.

Für New Adults und alle, die zwar selbst nicht mehr in diesem Alter sind, junge Menschen aber besser verstehen, sie anfeuern, fördern und begleiten möchten.

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